Was ist das sogenannte Berliner Testament, welche Besonderheiten sind zu beachten und in welchen Fällen ist es sinnvoll?
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Das Berliner Testament (auch Ehegattentestament genannt) ist eine besondere Art des gemeinschaftlichen Testaments. Die Ehegatt:innen bzw. eingetragenen Lebenspartner:innen setzen sich dabei zunächst gegenseitig als Alleinerbin/Alleinerben ein und versprechen einander, dass die/der Überlebende das Vermögen später an die gemeinsamen Kinder weitervererbt.
Durch das Berliner Testament wird die Versorgung der/des länger Lebenden sichergestellt (1. Erbfall) und bestimmt, wem nach deren/dessen Tod der gemeinsame Nachlass zufällt (2. Erbfall). Das sind in der Regel die gemeinsamen Kinder. Als sog. Schlusserben erhalten sie ihr Erbe also erst nach dem Ableben der/des länger lebenden Ehegatt:in. Das hat weitreichende Folgen, denn die/der länger Lebende ist an die Vorgaben des Berliner Testaments gebunden.
Nach dem Tod der/des Erstversterbenden kann die/der länger lebende Ehegatt:in nicht mehr
Es gibt jedoch nicht das Berliner Testament. Vielmehr gibt es die Möglichkeit individueller Absprachen mit teils unterschiedlichen Rechtsfolgen.
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Bei der Ausgestaltung des Berliner Testaments gibt es zwei Möglichkeiten: Trennungslösung und Einheitslösung.
Einheitslösung
Bei der Einheitslösung setzen die Ehegatt:innen einander zum Erben und Dritte (meist die Kinder) als Schluss- bzw. Ersatzerben ein.
Die/Der länger lebende Ehegatte ist somit zunächst Vollerbe. Ihr/Sein Vermögen und das Vermögen der/des zuerst verstorbenen Ehegatt:in werden zu einer Einheit (daher Einheitslösung oder auch Einheitsprinzip). Sie/Er darf zum Schutz der Schlusserben keine beeinträchtigenden Schenkungen vornehmen (vgl. § 2287 BGB). Anderenfalls hätten die Schlusserben gegen die/den Beschenkte/n einen Anspruch auf Herausgabe.
Die Schlusserben erhalten also beim Tod der/des Erstversterbenden (noch) nichts. Sie erben erst nach Tod der/des zweiten Ehegatt:in deren/dessen gesamten Nachlass.
Trennungslösung
Bei der Trennungslösung werden die Vermögen der Eheleute durchgehend getrennt betrachtet. Sie verschmelzen nicht und gehen unabhängig voneinander an die Erben. Man bezeichnet das als Vor- und Nacherbschaft. Die Ehegatt:innen setzen sich gegenseitig als Vorerben ein. Die Dritten (z.B. Kinder) werden als Nacherben (des Vermögens der/des Erstversterbenden) und zugleich als Ersatzerben (der/des Zweitversterbenden) eingesetzt.
Es bestehen zwei rechtlich voneinander getrennte Vermögensmassen. Mit dem Tod der/des Erstversterbenden erwirbt die/der länger lebende Ehegatt:in - als Vorerbin/Vorerbe - deren/dessen Nachlass und bleibt Inhaber ihres/seines Eigenvermögens. Sie/Er ist in ihrem/seinem Verfügungsrecht hinsichtlich des geerbten Vermögens beschränkt. Die Nachkommen erhalten den Nachlass - als Nacherben - erst nach dem zweiten Erbfall (dann als Vollerben der/des Zweitverstorbenen).
In der Regel wird bei der Auslegung eines Berliner Testaments von der Einheitslösung ausgegangen. Das ergibt sich aus dem Gesetz (§ 2269 Abs. 1 BGB), wonach im Zweifel anzunehmen ist, dass die Einheitslösung gewünscht war.
Die Unterscheidung kann weitreichende Folgen nach sich ziehen. Ist die Einordnung unklar, lohnt sich eine Beratung durch eine/n Fachanwält:in für Erbrecht.
Ist der Pflichtteilsanspruch der Nachkömmlinge beim Berliner Testament ausgeschlossen?
Nein. Zwar bekommen die Kinder durch das Berliner Testament beim 1. Erbfall zunächst nichts, da sie - als Schlusserben - erst erben, nachdem auch der andere Elternteil verstorben ist.
Allerdings könnten sie schon beim 1. Erbfall ihren Pflichtteil verlangen.
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Was bewirkt eine Pflichtteils-Strafklausel für die Erben (Kinder)?
Verlangen die Kinder schon beim 1. Erbfall ihren Pflichtteil, kann das für die/den länger lebenden Ehegatt:in zu finanziellen Schwierigkeiten führen (z.B. wenn es sich beim Erbe hauptsächlich um eine bewohnte Immobilie handelt).
Aus diesem Grund werden häufig Pflichtteils-Strafklauseln vereinbart. Diese führen zu einer Enterbung der Pflichtteilsfordernden. Fordern Pflichtteilsberechtigte schon beim 1. Erbfall ihren Pflichtteil, bekommen sie dann beim 2. Erbfall auch nur ihren Pflichtteil (jeweils die Hälfte des gesetzlichen Erbteils). Ist das Erbe deutlich höher als der Pflichtteil, kann sich das finanziell nachteilig auswirken.
Wann ist es sinnvoll, beim 1. Erbfall den Pflichtteil zu verlangen?
Ob und wann es wirtschaftlich sinnvoll ist, den Pflichtteil schon beim 1. Erbfall zu verlangen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab.
Bei der Abwägung ist Folgendes zu bedenken:
Ob bei einem Berliner Testament der Pflichtteil schon beim 1. Erbfall gefordert werden sollte, kann also pauschal nicht beantwortet werden. Es kommt auf den Einzelfall an. Hier lohnt zunächst die Einordnung nach den oben genannten Fragestellungen und im Zweifel anwaltlicher Rat.
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Wann ist ein Berliner Testament sinnvoll?
Ein Berliner Testament ist sinnvoll, wenn die Ehegatt:innen sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen und klarstellen wollen, dass das gemeinsame Vermögen an die gemeinsamen Kinder gehen soll.
Erben Stiefkinder bei dem Berliner Testament?
Nein. Sie erben nur ausnahmsweise, wenn dies explizit vereinbart wurde. So können Stiefkinder als Nacherben eingesetzt werden, wenn der 2. Elternteil verstirbt. Die Stiefkinder sind dann, wie die leiblichen Kinder, Schlusserben.
Kann das Berliner Testament aufgelöst werden?
Ja. Es ist jederzeit widerrufbar. Da es beiderseitig erklärt wurde, kann es auch nur beiderseitig widerrufen werden, d.h. beide Ehegatten müssen noch leben und zustimmen.
Kann die/der länger lebende Ehegatt:in die Erben einseitig ausschließen?
Grundsätzlich: Nein. Genau das soll mit dem Berliner Testament vermieden werden. Haben sich die Eheleute einmal geeinigt, dass die gemeinsamen Kinder erben, kann diese Vereinbarung nach dem 1. Erbfall nicht mehr einseitig aufgehoben werden.
Welche Auswirkungen hat eine Scheidung auf das Berliner Testament?
Eine Scheidung führt zur Unwirksamkeit des Berliner Testaments (vgl. § 2077 I BGB). Es gilt dann die gesetzliche Erbfolge.
Welche Auswirkungen hat eine erneute Heirat der/des länger lebenden Ehegatt:in auf das Berliner Testament?
Das Berliner Testament ist weiterhin wirksam. Sollte die/der verbleibende Ehepartner:in erneut heiraten, hat die/der neue Ehepartner:in durch die Heirat einen Erbanspruch an deren/dessen Vermögen. Dieser Anspruch umfasst in der Regel auch den Nachlass der/des zuerst Verstorbenen und reduziert demnach das Erbe der Schlusserben.
Was ist eine Wiederverheiratungsklausel?
Diese Klausel bestimmt, was mit dem Erbe der/des zuerst verstorbenen Partnerin/Partners bei einer erneuten Heirat geschehen soll.
Welchen Sinn hat die Wiederverheiratungsklausel?
Um den Erbanspruch der Kinder (Schlusserben) zu schützen und zu verhindern, dass die/der neue Ehegatt:in auf das Vermögen der/des zuerst Verstorbenen zugreift, werden Wiederverheiratungsklauseln in das Berliner Testament aufgenommen.
Was bewirkt eine Wiederverheiratungsklausel im Berliner Testament?
In der Regel muss die/der länger lebende Ehegatt:in bei einer erneuten Heirat das Erbe unmittelbar an die Schlusserben herausgeben. Er wird quasi im Zeitpunkt seiner Wiederheirat enterbt. Es können jedoch auch andere Rechtsfolgen geregelt sein. Das hängt von der individuellen Ausgestaltung der Wiederverheiratungsklausel ab. Zur genaueren Einschätzung lohnt sich die Einbindung einer/eines im Erbrecht versierten Rechtsanwältin/Rechtsanwalts.
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