Nießbrauch: Was Erben wissen müssen

Dr. Thomas Asmus
Mitgründer, Rechtsanwalt und Steuerberater
Stand:
February 12, 2024
Lesedauer:
4
min

Nießbrauch ist ein komplexes Thema, das viele Erben oft vor Herausforderungen stellt. In diesem Artikel erklären wir Ihnen, was das Nießbrauchrecht ist, wie es sich auf die Erbschaft auswirken kann und wie man damit Steuern sparen kann.

Was ist das Nießbrauchrecht?

Der Begriff “Nießbrauch” stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich übersetzt “Fruchtgenuss”. Nießbrauch ist ein Nutzungsrecht, bei dem eine Person das Recht hat, eine Sache, die einem anderen gehört, zu nutzen, ohne dessen Eigentum zu erwerben. Es ist eine Form der Dienstbarkeit und kann an einer Sache, einem Recht oder einem Vermögen bestellt werden. Der Nießbraucher hat das Recht, die Sache zu nutzen, zu verwalten oder zu vermieten. Das Nießbrauchrecht ist nicht verkäuflich oder vererbbar.  

Der Nießbrauch kann zeitlich befristet oder unbefristet sein. Ein befristeter Nießbrauch endet nach einer bestimmten Zeit oder einem bestimmten Ereignis, zum Beispiel wenn der Berechtigte ein bestimmtes Alter erreicht oder wieder heiratet. Ein unbefristeter Nießbrauch endet in der Regel mit dem Tod des Berechtigten.

Der Nießbrauch hat verschiedene Vorteile, wie zum Beispiel die Steuerersparnis bei der Schenkung oder die Sicherung des Wohnrechts auf Lebenszeit. Er hat aber auch Nachteile, wie zum Beispiel die Pflicht zur Erhaltung der Sache oder die Haftung für Schäden.  

Mit einem Nießbrauchrecht belastete Erbschaft

Wenn Sie eine Immobilie geerbt haben, die mit einem Nießbrauchrecht belastet ist, bedeutet das, dass Sie zwar der rechtliche Eigentümer sind, aber nicht das volle Nutzungsrecht haben. Der Nießbrauchberechtigte, oft der überlebende Ehepartner des Erblassers, hat das Recht, die Immobilie zu nutzen oder zu vermieten, solange er lebt. Sie als Erbe müssen das Nießbrauchrecht respektieren und können in der Regel die Immobilie nicht ohne die Zustimmung des Nießbrauchberechtigten neu belasten, da die Banken regelmäßig ihr Grundpfandrecht vorrangig abgesichert haben möchten. Der Nießbrauchberechtigte muss, soweit nichts anderes geregelt wurde, für die laufenden Kosten wie Strom, Wasser, Heizung, Grundsteuer und Gebäudeversicherung aufkommen wohingegen der Eigentümer nur die außerordentlichen Lasten, wie z. B. Erschließungskosten, zu tragen hat.

Das Nießbrauchrecht ist im Grundbuch eingetragen und wirkt auch gegenüber Dritten, die das Eigentum erwerben. Das heißt, wenn Sie die Immobilie verkaufen wollen, müssen Sie dem Käufer mitteilen, dass die Immobilie mit einem Nießbrauch belastet ist und dieser kann dann entscheiden, ob er die Immobilie mit dem Nießbrauchrecht kaufen will oder nicht . Der Wert der Immobilie wird durch das Nießbrauchrecht gemindert, da der Käufer nicht die volle Verfügungsgewalt hat.

Das Nießbrauchrecht erlischt in der Regel mit dem Tod des Berechtigten. Dann können Sie als Erbe die Immobilie frei nutzen oder veräußern. In manchen Fällen kann das Nießbrauchrecht aber auch vorzeitig enden, zum Beispiel, wenn das Nießbrauchrecht auflösend bedingt oder befristet vereinbart wurde oder der Berechtigte das Recht aufgibt.  

Vorweggenommene Erbfolge

Wenn ein Erblasser sein Vermögen oder einen Teil davon schon zu seinen Lebzeiten an seine Erben weitergibt, nennt man das eine vorzeitige Erbfolge. Das kann steuerlich günstig sein, aber auch einige Gefahren für die rechtliche und persönliche Situation mit sich bringen, die man gut bedenken sollte. Die vorweggenommene Erbfolge kann in verschiedenen Formen erfolgen, wie zum Beispiel Schenkungen, Übertragung von Gesellschaftsanteilen, Übertragung von Grundstücken oder Familienpool-Modelle. Wenn es sich um Immobilien oder andere Grundstücke handelt, ist ein Schenkungsvertrag erforderlich, der notariell beurkundet werden muss.  

Ein häufiger Fall der vorzeitigen Erbfolge ist, dass die Kinder das Haus oder die Wohnung ihrer Eltern bekommen, während der überlebende Ehepartner weiterhin darin wohnen oder es vermieten darf. Diese Form des Nießbrauchs kann für alle möglichen Sachen (z.B. Auto) oder Rechte (z.B. Anteile an einer Firma) vereinbart werden.

Steuern sparen dank Nießbrauch

Der Nießbrauch kann auch eine Möglichkeit sein, um Schenkungs- oder Erbschaftssteuer zu sparen. Wenn Sie eine Immobilie oder einen anderen Vermögensgegenstand z.B. an Ihr Kind übertragen möchten, können Sie sich selbst ein Nießbrauchrecht vorbehalten. Das heißt, Sie können weiterhin in der Immobilie wohnen oder sie vermieten und die Einnahmen daraus erhalten. Ihr Kind wird zwar der rechtliche Eigentümer, hat aber nicht das volle Nutzungsrecht.  

Das Finanzamt bewertet die Schenkung nicht nach dem vollen Wert der Immobilie, sondern zieht den Wert des Nießbrauchs ab. Verschiedenen Faktoren fließen in die Berechnung des Wertes des Nießbrauchs ein, wie zum Beispiel Ihr Alter, die Art und Dauer des Nießbrauchs und der Zinssatz. Je höher der Wert des Nießbrauchs ist, desto niedriger ist der Wert der Schenkung.  

Das begünstigte Kind ist der Empfänger der Schenkung. Es muss nur Schenkungssteuer zahlen, wenn der Wert der Schenkung den persönlichen Freibetrag übersteigt. Der Freibetrag ist der Betrag, den Sie Ihrem Kind steuerfrei schenken können. Es gelten die folgenden Freibeträge für die Schenkungssteuer, die alle zehn Jahre ausgeschöpft werden können:

  • Ehepartner: 500.000 Euro
  • Kinder, Stiefkinder und ggf. Enkel*: 400.000 Euro
  • Enkel ggf*: 200.000 Euro
  • Urenkel: 100.000 Euro
  • Andere Personen: 20.000 Euro

*Die Höhe des Freibetrages bei Enkeln hängt davon ab, ob der eine Elternteil des Enkels, der zugleich Kind des Erblassers ist, vorverstorben ist oder nicht. Ist er schon vorverstorben, beträgt der Freibetrag 400.000 Euro, lebt der Elternteil des Enkels noch, beträgt der Freibetrag 200.000 Euro.

Wenn Sie also mit dem Nießbrauch den Wert der Schenkung so niedrig halten, dass er unterhalb des Freibetrags liegt, muss Ihr Kind keine Schenkungssteuer zahlen. Wenn Sie die Immobilie erst nach Ihrem Tod vererben würden, müsste Ihr Kind hingegen Erbschaftssteuer auf den vollen Verkehrswert abzüglich des Freibetrags zahlen. Denken Sie jedoch daran, dass es keinen Unterschied bei der Schenkungs- und Erbschaftssteuer hinsichtlich der Freibeträge gibt. Um einen neuen Freibetrag zu erhalten, müssen also zwischen der ersten Schenkung und der nächsten Schenkung oder dem Tod 10 Jahre liegen.

Wir hoffen, dieser Artikel hat Ihnen geholfen, das Thema “Nießbrauch” besser zu verstehen. Wenn Sie sich weitergehende Hilfe bei der Bearbeitung Ihres Erbfalls wünschen, beraten unsere Nachlassexperten Sie gerne. Vereinbaren Sie einfach einen Telefontermin.

Häufig gestellte Fragen zum Nießbrauch

Wem gehört die Immobilie beim Nießbrauch? Beim Nießbrauch verbleibt das Eigentum an der Immobilie beim Eigentümer, aber der Nießbraucher hat das Recht, die Immobilie zu nutzen und daraus Nutzen zu ziehen.
Was sind die Nachteile des Nießbrauchs? Der Nachteil des Nießbrauchs besteht darin, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks während der Dauer des Nießbrauchs nur eingeschränkte Verfügungsmöglichkeiten hat. Der Verkehrswert der Immobilie und der Kreis potenzieller Käufer verringern sich.
Was bedeutet ein Nießbrauchrecht an einem Grundstück? Ein Nießbrauchrecht an einer Immobilie bedeutet, dass man die Immobilie oder Teile davon nutzen und daraus Vorteile wie Miete oder Pacht ziehen kann, ohne Eigentümer zu sein. Das Recht ist in der Regel unverkäuflich und nicht vererblich. Es kann bei der Übertragung oder dem Verkauf des Hauses an Kinder oder andere Personen vereinbart werden.
Was bedeutet die 10-Jahres-Frist beim Nießbrauch? Die 10-Jahresfrist beim Nießbrauch bezieht sich auf die steuerliche Behandlung von Schenkungen mit Nießbrauch. Der Schenkungssteuerfreibetrag kann gegenüber einer Person alle 10 Jahre neu ausgeschöpft werden. Wenn also eine Immobilie mit Nießbrauchsvorbehalt verschenkt wird, ist der Wert des Nießbrauchs vom Wert der Schenkung abzuziehen. Dies kann dazu führen, dass damit der Schenkungssteuerfreibetrag eingehalten werden kann.
Wer muss beim Nießbrauch die Grundsteuer bezahlen? Die Grundsteuer gehört wie Straßenreinigungs-, Kanal- und Müllgebühren zu den öffentlichen Lasten und ist vom Nießbraucher zu zahlen, wenn keine andere Vereinbarung getroffen wurde.

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